
Tierische Leime haben eine lange Tradition bei der Herstellung von Ölmalträgern – als Vorleimung und als Bestandteil traditioneller Gesso-Gründe. Einige ihrer Eigenschaften wurden von modernen Leimen noch nicht erreicht, nämlich die Straffung und Versteifung der Leinwand sowie ihre ölblockierenden Eigenschaften. In einem früheren Just Paint-Artikel haben wir auch die Probleme erörtert, die mit tierischen Leimen innerhalb der Struktur eines Gemäldes verbunden sind, was mit ihrer hygroskopischen (wasserliebenden) Beschaffenheit und damit der Dimensionsinstabilität zusammenhängt. In diesem Artikel fassen wir die Eigenschaften sowie die Vor- und Nachteile von tierischen Leimen als Vorleimung zusammen, insbesondere im Lichte unserer jüngsten Erkenntnisse über Ölfarben über Acrylfarben, und geben weitere Informationen über unseren Williamsburg Hasenleim.
Eigenschaften von Hasenleim (Rabbit Skin Glue)
Der Begriff Hasenleim wird oft allgemein für Leime verwendet, die aus tierischem Gewebe, meist Knochen und Häuten, gewonnen werden. Hasenleim wird also nicht immer von Kaninchen gewonnen, sondern stammt häufig von Schweinen, Kühen oder Ziegen, Schafen und anderen Kleintieren. Bei der großen Vielfalt an verschiedenen Tierleimen auf dem Markt und ohne einheitliche Kennzeichnungsrichtlinien für diese Produkte kann es schwierig sein, den Überblick zu behalten. Unser Williamsburg Kaninchenhautleim stammt aus einer vertrauenswürdigen Quelle und wird ausschließlich von Kaninchen gewonnen. Sein Bloomwert oder Grammstärke beträgt 550, was die höchste Grammstärke für Leim ist. Im Allgemeinen haben Leime aus Tierhäuten einen höheren Bloomwert (in Richtung 500 und höher) als Knochenleime (ca. 50 – 300), da letztere bei ihrer Herstellung mehr Behandlungen benötigen. Säuren, Laugen und Enzyme werden eingesetzt, um das Kollagen aus den verschiedenen tierischen Geweben zu extrahieren und zu reinigen. Dadurch wird die molekulare Struktur des Kollagens beschädigt und der Leim wird schwächer und dunkler gefärbt. Die Kollagenmoleküle junger Tiere, wie z. B. Kaninchen, sind weniger vernetzt und können daher mit leichteren Behandlungen und minimalem molekularem Abbau extrahiert werden, wodurch ein starker Leim entsteht [1]. Leime mit höherem Bloomwert bilden dickere Gele und sind zähflüssiger, wenn sie auf „Gebrauchszustand“ erhitzt werden. Während sich Knochenleime hervorragend für den traditionellen Möbelbau und die Möbelrestaurierung eignen, ist Hasenleim in stark verdünnten Konzentrationen für die Vorleimung von Leinwänden geeignet.
Hasenleim PROs
Der Hauptvorteil der Vorleimung mit Hasenleim ist ihre straffende und versteifende Wirkung auf rohem Baumwolltuch und Leinen. Andere Leime können zwar steif werden, aber Hasenleim zieht besser fest als alle anderen, die wir gefunden haben. Warmer Hasenleim zieht leicht in rohe Leinwand oder Leinen ein. Nach dem Auftragen wird der flüssige Leim zu einem Gel und schrumpft anschließend erheblich, während er Wasser verliert, wodurch die Leinwand gestrafft wird. Das Ausmaß der Schrumpfung des Leims während des Trocknens ist proportional zur Wassermenge im Leim und je schneller der Leim Wasser verliert, desto stärker ist die Schrumpfung. Bei Raumtemperatur und 50 % relativer Luftfeuchtigkeit (RH) schrumpft ein freier Tierleimfilm um mehr als 70 % von seinem Gelzustand in seinen trockenen Zustand, wobei sich eine innere Spannung von 14 MPa aufbaut [2]. Spaßfakt: Diese Trocknungsspannungen sind so stark, dass Tierleim auf aufgerautes Glas aufgetragen werden kann, wobei die Trocknungsspannungen die Oberfläche des Glases in einzigartige „Glassplitter“-Oberflächenmuster ziehen.
Die Vorleimung mit Hasenleim verhindert außerdem, dass nachfolgende Ölschichten in den Leinwandträger eindringen. Neben seinen guten ölsperrenden, festigenden und aussteifenden Eigenschaften ist Hasenleim sehr kostengünstig.
Nachteile: Probleme mit Resolubilität und Stabilität
Tierische Leime sind hygroskopisch (wasserliebend) und reagieren daher leicht auf Veränderungen der relativen Luftfeuchtigkeit. Tierische Leime schrumpfen und verspröden, wenn die Luftfeuchtigkeit sinkt, und quellen und werden weicher, wenn die Luftfeuchtigkeit ansteigt. Bei Raumtemperatur und 84% relativer Luftfeuchtigkeit erreicht der Tierleim von Säugetieren den Zustand eines Gelees. Diese Veränderungen können zu Ablösungen und Abblättern der darüber liegenden Grund- und Farbschichten sowie zu flächigen Verformungen des Trägers führen. Diese Tendenz ist bei Leimen von unreinen Sorten zwar stärker ausgeprägt, aber sie ist der einzige große Nachteil aller tierischen Leime. Tierleime mit hohem Bloomwert behalten ihre mechanischen Eigenschaften bei wechselnder Luftfeuchtigkeit besser bei, während sich Leime mit niedrigem Bloomwert abbauen und ihre Kohäsionskraft verlieren (das Leinwandmaterial erschlafft dauerhaft), wenn es wiederholt wechselnden Luftfeuchtigkeitszyklen ausgesetzt wird. Die Überlegenheit von Leimen mit hohem Bloomwert (hoher Gelstärke) liegt in der Fähigkeit ihrer Moleküle, sich bei hoher Luftfeuchtigkeit wieder in ihre ursprüngliche 3D-Helix-Struktur aufzurollen (Renaturierung). Aufgrund ihrer elastischeren Molekülstruktur können hoch renaturierte Leime daher innere Spannungen viel erfolgreicher ausgleichen als Leime mit niedriger Gelstärke [3].

Ein weiterer Nachteil bei der Arbeit mit Hasenleim ist, dass man den Laim vor der Verwendung frisch ansetzen und aufwärmen muss. Hasenleim-Lösungen sind im Kühlschrank etwa eine Woche haltbar und können in dieser Zeit mehrmals aufgewärmt und wieder kühl gelagert werden. Irgendwann wird der Leim jedoch durch Mikroorganismen verdorben, wodurch er schlecht riecht und auch bei kühleren Temperaturen flüssig bleibt. Die Lagerung von Leim in speziellen Kühlschränken und die Verwendung von sauberen Glasbehältern und destilliertem Wasser für die Leimzubereitung helfen, Hasenleim länger haltbar zu machen.
Zubereitung von Hasenleim
Hasenleim und andere tierische Leime werden durch Einweichen und Quellen in kaltem Wasser von einem trockenen Feststoff in eine Flüssigkeit verwandelt. Das Wasser und der gequollene Leim, das so genannte Sol, müssen dann leicht erwärmt werden. Um eine Überhitzung zu vermeiden, wird oft ein Wasserbad oder ein spezieller Babyflaschenwärmer verwendet. Das Erhitzen von Leim bei zu hohen Temperaturen bricht die Proteinmolekülketten und macht den Leim schwächer. Hasenleim wird in der Regel mit dem Pinsel als erhitzte Flüssigkeit aufgetragen. Das Auftragen als Gel mit einem Spachtel ist auch möglich; allerdings ist es mühsamer und weniger gleichmäßig, aber ein Gelauftrag kann die Hohlräume in einer offen gewebten Leinwand besser ausfüllen. Ausführlichere Anleitungen zur Zubereitung und Verwendung von Hasenleim findest du hier:
- https://goldenhub.goldenpaints.com/storage/uploads/rsg-instructions.pdf
- https://goldenhub.goldenpaints.com/storage/uploads/rabbit-skin-glue-tech-sheet.pdf
Grundierungen über Hasenleim
Öl- und Alkydharzgrundierungen können direkt auf Hasenleim-geleimte Leinwände aufgetragen werden. Hasenleim kann außerdem für die Herstellung traditioneller Leim-Kreide-Grundierungen (traditionelles Gesso) verwendet werden, zu denen wir hier eine Anleitung geben. Eine Kombination aus einer Schicht traditionellem Gesso und einer Schicht Ölgrund ist ebenfalls möglich und war im 17. Jhd. eine beliebte Wahl für die Vorbereitung von Tafelbildern als auch für Leinwände. Hier findest du eine Anleitung zur Verwendung von Williamsburg Oil Grounds.
Vorleimungen mit Hasenleim sind nicht mit Acrylprodukten kompatibel, da Hasenleim in verdünnten Säuren und Basen löslich wird und nasse Acrylprodukte einen alkalischen pH-Wert haben. Wenn du also Acrylgesso auf eine Hasenleim Vorleimung aufträgst, wird die Vorleimung reaktiviert und kann klumpig werden, so dass eine unebene Oberfläche entsteht oder Acrylgesso sogar reißen kann.
Fazit
Die Vorleimung roher Leinwände mit Hasenleim ist unübertroffen in ihren Festigungs- und Versteifungseigenschaften, aber ihre hohe Reaktivität auf schwankende Luftfeuchtigkeit kann zu Schäden am Untergrund und den darüber liegenden Farbschichten führen. Aus diesem Grund wird empfohlen, Gemälde in einer kontrollierten Umgebung mit einer stabilen Luftfeuchtigkeit zwischen 40 und 70 % zu lagern oder auszustellen. Rückseitenschutz für gespannte Leinwände oder die Verwendung von starren Bildträgern verringern das mit Hasenleim verbundene Risiko. Für die Vorleimung von Leinwänden sollten Leime mit hohem Bloomwert verwendet werden, da sie ihre mechanischen Eigenschaften bei wechselnder Luftfeuchtigkeit besser beibehalten. Angesichts unserer jüngsten Entdeckung des Phänomens der Rissbildung bei einigen Ölschichten, die direkt auf glänzende Acrylfarben aufgetragen werden, dachten wir, dass es sich lohnt, auf Hasenleim hinzuweisen, und hoffen, dass dies Ölmalern hilft, gut informierte Entscheidungen für ihre Maluntergründe zu treffen.
Referenzen
[1] Horie, 1986. Materials for Conservation, p. 239
[2] Mecklenburg, 1988. The Effects of Atmospheric Moisture on Mechanical Properties of Collagen under Equilibrium Conditions. https://repository.si.edu/handle/10088/35977?show=full
[3] Schellmann, 2009. Animal Glues – their adhesive properties, longevity and suggested use for repairing taxidermy specimens. http://www.natsca.org/article/158
[4] Van de Wetering, 2005. A Corpus of Rembrandt Paintings, p. 319.
https://www.google.de/books/edition/A_Corpus_of_Rembrandt_Paintings_IV/Y-oiabcX-90C?hl=en&gbpv=1&dq=corpus+of+rembrandt+paintings+wetering&printsec=frontcover
