Der Rückseitenschutz ist ein einfaches und wunderbar wirksames Mittel, um den Zustand von Gemälden zu schützen. In der Gemälderestaurierung ist er längst Standard und reduziert nachgewiesener Maßen die sichtbare Alterung. Die Installation von Rückseitenschutz kann problemlos von den Künstlern selbst durchgeführt werden. Ihre Vorteile sind vielfältig:
- Schutz vor Aufprallschäden von hinten (Riss, Punktion, Verformung). Dies gilt nicht nur für den seltenen Fall, dass ein Gemälde z.B. gegen eine Tischkante fällt, sondern auch für die vielen Male, wenn Bilder in engen Atelierräumen bewegt werden und etwas die Leinwand von hinten berührt.
- Fingerstöße ist eine weitere häufige Form der mechanischen Beschädigung, die sich vielleicht nicht sofort bemerkbar macht, aber Spannungen in den Leinwand-, Grundierung- und Farbschichten verursachen kann, die sich später zeigen können. Mit einem Rückseitenschutz besteht einfach keine Chance, beim Tragen von Gemälden die Finger zwischen den Keilrahmen und die Leinwand zu stecken.
- Reduziert die Ansammlung von Staub, Wandschutt, Insekten, etc.
- Puffert Feuchtigkeits- und Temperaturschwankungen (Tag-Nacht-Zyklen & Wand-Raum-Temperaturunterschiede), was das Risiko von Rissbildungen in den Farbschichten reduziert. Die Empfehlungen für die Art des Rückseitenschutzes variieren je nach Klimazone. Weitere Informationen finden Sie weiter unten, unter Luftfeuchtigkeit und Belüftung.
- Reduziert Stöße und Vibrationen, besonders in großen Gemälden, die dazu neigen, beim Transport zu “flackern” oder hin und her zu schwenken. Wenn Gemälde fallen gelassen werden, reduziert der Rückseitenschutz (insbesondere bei der Befestigung an den Keilrahmen) die Rissbildung deutlich. Mehr zu Vibrationen und Rückseitenschutz finden Sie weiter unten in Gemäldetransport.
Es gibt eine Vielzahl von Praktiken, wenn es um das genaue Material, die Form und die Befestigungsart von Rückseitenschutz geht. Im Folgenden finden Sie einige einfache Optionen, die Künstler nutzen können, um ihre eigenen Werke zu schützen. Hervorzuheben ist, dass ein Rückseitenschutz zwar einen erheblichen Schutz bieten kann, aber keine magische Lösung ist und das vorsichtige Handhaben, gute Lagerung und Routineuntersuchungen sind dennoch empfehlenswert.
Materialien für Rückseitenschutz
Für den Rückseitenschutz können viele verschiedene Materialien verwendet werden. Sie sollten leicht, robust und zersetzungsfest sein. Schaumstoffplatten, gewellte Kunststoffplatten, Montagekarton, Waben- und Archivwellpappe können alle verwendet werden, obwohl Pappe zellulosefressende Insekten wie Silberfische anziehen könnte, insbesondere in feuchter Umgebung. Verbundwerkstoffe wie Dibond®, Acryl- oder Polycarbonatplatten sind schwerer, können aber bei Bedarf zusätzliche strukturelle Unterstützung bieten.
Rückseitenschutz anbringen
Der Rückseitenschutz kann direkt an der Rückseite eines Spannrahmens oder eines Bilderrahmens befestigt werden. Schrauben sind eleganter, stabiler und praktischer als Tackerklammern, da weniger von ihnen benötigt werden und das Entfernen und Wiederverwenden von Rückseitenplatten erleichtern. Zum Perforieren der Platte können Stechahle oder ähnliche Stifte verwendet werden. Dies erleichtert die Platzierung und Befestigung der Schrauben (Bild 1). Für Platten oder Kartons aus relativ weichen Materialien, ist es sinnvoll, Rosetten/Unterlegscheiben zu verwenden, damit die Schrauben nicht durch die Platte drücken (Bild 2). Für große Gemälde können zwei oder mehr einzelne Platten verwendet und an Querbalken des Spannrahmens befestigt werden. Mit Rosetten können zwei Platten gleichzeitig befestigt werden (Bild 3).
Aufhänger können über dem Rückseitenschutz angebracht werden, jedoch ist es auch möglich Löcher in den Rückseitenschutz zu schneiden (Bild 4).
Einige Keilrahmen haben Stufenprofile mit einer in die Innenkante eingearbeiteten Nut. Dies macht es einfach, eine Trägerplatte unterzubringen, ohne die Tiefe des Gemäldes zu erhöhen, wodurch es weiter von der Wand lehnt und einigen Künstlern vielleicht nicht gefällt. Insbesondere Keilrahmen mit T-Profilen und einige Heavy-Duty-Spannrahmen haben Stufenprofile (Bild 5). Beispiele dafür sind die Creative Mark Probar Stretchers, die Heavy Duty Spannrahmen von John Annesley Company und Spannrahmen von Jack Richeson & Co., sowie Upper Canada Stretchers. Bei Verwendung von herkömmlichen Keilrahmen kann man eine 3 mm tiefe und ca. 5 mm breite Aussparung in die Rückseite eines Keilrahmens fräsen, um den Rückseitenschutz plan unterzubringen.
Feuchtigkeit und Belüftung
Die genaue Form und das ideale Material für Trägerplatten hängt vor allem von den Raumklima ab, in dem das Bild leben wird.
In kalten Klimazonen ist die trockene Luft in beheizten Räumen problematisch. Niedrige Luftfeuchtigkeit führt zu erhöhter Spannung und Versteifung in Grundierung- und Farbschichten, wohingegen sich die Leinwände entspannen. Daher ist es wichtig, den Rückseitenschutz gut abzudichten, sodass keine trockene Luft hinter die Leinwand eindringt. Das Canadian Institute for Conservation empfiehlt die Verwendung von Schaumstoffstreifen zwischen Keilrahmen und Trägerplatte, um Luftspalten zu vermeiden (gut abgedichteter Rückseitenschutz erzeugt auch ein besseres Luftpolster und damit eine dämpfende Wirkung während Transporten).
In feuchten Klimazonen ist das Auftreten von Schimmelpilz das größte Problem. Dies wird problematisch bei relativer Luftfeuchtigkeit von über 65%. Normalerweise ist die Luft in der Nacht feuchter als am Tag. Selbst wenn die Luftfeuchtigkeit nachts weit über 65 % steigt, kann das noch in Ordnung sein, solange der Raum hinter dem Gemälde tagsüber trocknen kann, so dass kein Schimmel entsteht. Damit die Feuchtigkeit entweichen kann, muss der Rückseitenschutz über ausreichend große Lüftungsöffnungen verfügen. Indem man die Ecken eines Rückseitenkartons abschneidet, kann man auf einfache Art für Belüftung zu sorgen (Bild 6). Netze können über den Lüftungsöffnungen angebracht werden, um Insekten und Schmutz fernzuhalten, oder in sehr feuchten Klimazonen können starre Rückseitenkartons/platten komplett mit Netzen ausgetauscht werden.
In gemäßigten Klimazonen ist eine Vielzahl von Praktiken üblich und möglich, obwohl Feuchtigkeit und Schimmel auch hier berücksichtigt werden müssen. Hauswände, insbesondere Außenwände oder schattige Wände, sind in der Regel kühler als die jeweiligen Raumtemperaturen. Dies führt zu einem feuchteren Klima direkt hinter einem Gemälde. Der Rückseitenschutz hilft, die kühleren Wandtemperaturen zu isolieren und kann so Schimmelbildung verhindern.
Gemäldetransport
Beim Transport von Gemälden auf holprigen Straßen sind diese schädlichen Stößen und Vibrationen ausgesetzt. Nun schwingt jedes Material mit seiner eigenen Frequenz, wenn es einer bestimmten Bewegung ausgesetzt ist. Wenn Rückseitenkartons/platten eine Resonanzschwingung erzeugen, kann dies dafür sorgen dass ein Gemälde mehr und nicht zu weniger flackert. Es wurde festgestellt, dass dünnere Platten und Kartons (getestet wurden 3 mm Wellpappe, Polyurethan-Hartschaumplatte und Polycarbonat Stegplatten) dazu neigen, Vibrationen bei typischen LKW-Transportfrequenzen zu erhöhen, während stabilere Wellpappe (4,5 mm und besser noch 8 mm) sowie Wabenkarton die Vibrationen von Gemälden deutlich dämpfen (siehe http://www.gemaeldetransport.ch/kti/wp-content/uploads/2011/11/Baeschlin_ICOM-CC_2011.pdf).
Das kann relevant sein für diejenigen, die Gemälde betreuen die viel unterwegs sind. Die Mehrheit aller Gemälde bleibt jedoch an einem Ort, oder reist nur wenige Male. Für diese „Hausgemälde“ bietet ein Rückseitenschutz viel, um ihren Zustand zu erhalten, unabhängig von der Eigenfrequenz (Eigenfrequenz eines Systems) der Trägermaterialien während des Transports.
Für Fragen stehen wir Ihnen wie gewohnt unter EUhelp@goldenpaints.com zur Verfügung oder nutzen Sie unsere Kontaktformulare: https://www.goldenpaints.com/product_support.
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2 Gedanken zu „Rückseitenschutz für Leinwandgemälde“