Ölfarben trocknen durch Oxidation, sie benötigen also zweifellos Luft, aber wie sieht es mit Licht aus? Wie stark wirkt sich Licht in unterschiedlicher Stärke auf den Trocknungsprozess aus? Überraschenderweise finden sich zu einer scheinbar so grundlegenden Frage nicht viele Informationen oder Testdaten. In der Literatur gibt es zwar ein paar vereinzelte Studien, diese konzentrieren sich jedoch beinahe ausschließlich auf das Öl an sich und nicht auf eine Bandbreite an typischen Intensitätsgraden von Licht und eine Reihe gebräuchlicher Farben. Im Folgenden werden einige einleitende Tests beschrieben, die wir auf diesem Gebiet vorgenommen haben. Diese führten zwar zu keinen klaren und definitiven Schlussfolgerungen, doch wir stießen auf ein paar spannende Merkwürdigkeiten und Muster, die zur Entwicklung von Handlungsempfehlungen beitragen und Gebiete für weitere Forschung bieten können.
Testanordnung
Der Test wurde mit 10 Williamsburg Oil Colors aus drei verschiedenen Trocknungskategorien mit sowohl reaktiven als auch inerten Pigmenten durchgeführt:
- Schnell: Raw Umber, Phthalo Green
- Mittel: Cadmium Red Medium, Cobalt Blue, Ultramarine Blue, Titanium White, Titanium-Zinc White, Flake White
- Langsam: Quinacridone Magenta, Lamp Black
Diese wurden als Drawdowns mit 6 mil – das ist in etwa die Stärke von zwei Blatt gewöhnlichen Kopierpapiers – auf eine unbeschichtete Polyesterfolie aufgetragen.
Die Muster wurden dann einer von 8 verschiedenen Beleuchtungssituationen ausgesetzt. Alle Beleuchtungsarten erfolgten mit Standard-Leuchtstoffröhren, auf die verschiedenen Typen (Tageslicht, kühl, Vollspektrum usw.) wurde nicht geachtet Die Lux-Zahlen, das heißt die Stärke und Helligkeit des Lichts, wurden mit einem Extech LED Light Meter gemessen.
Beleuchtungssituationen und entsprechende Lux-Zahlen:
- Hell beleuchteter Tisch direkt unter dem Leuchtkörper (1.050 lux)
- Hell beleuchtete Wand neben dem Tisch (840 lux)
- Bürowand gegenüber einem Fenster (580 lux)
- Trockengestell im Labor (370 lux)
- Mäßig beleuchtete Wand (350 lux)
- Offener Schatten an einer hell beleuchteten Wand (185 lux)
- Offener Schatten an einer mäßig beleuchteten Wand (60 lux)
- Vollkommen dunkler Raum (0 lux)
Die wöchentlichen Gesamtsummen wurden auf Grundlage der Anzahl der Stunden geschätzt, in denen diese bestimmten Lichter im Laufe einer normalen Woche eingeschaltet sein sollten.
Temperatur und Luftfeuchtigkeit wurden nicht überprüft, Unterschiede zwischen den verschiedenen Orten in dieser Hinsicht wurden daher nicht berücksichtigt.
Parallel dazu wurde eine separate Studie an 6-mil-Drawdowns mit Titanium-Zinc durchgeführt. Hierbei wurde ein Muster im dunklen Raum platziert, weitere Muster wurden dorthin gebracht, nachdem sie entweder direktem Tageslicht ausgesetzt oder für verschiedene Zeiträume an die hell beleuchtete Wand gehängt wurden. Hierdurch sollte festgestellt werden, ob sich das Initiieren der Trocknung eines Musters bei Licht auf die Dauer bis zur vollkommenen Trocknung im Dunkeln auswirkt.
Testergebnisse
Wie Sie sehen werden, brachten die Testergebnisse mehr als nur ein paar Überraschungen. Einige Farben wurden von der Lichtmenge überhaupt nicht beeinflusst und trockneten mit derselben Geschwindigkeit, unabhängig vom Ort, andere zeigten einen leichten Anstieg der Trockendauer, während bei ein paar drastische Unterschiede festzustellen waren.
Zunächst einmal die fünf Farben, die im Großen und Ganzen unverändert waren: Cobalt Blue, Raw Umber, Phthalo Green, Ultramarine Blue und Lamp Black:
Das ist in jeder Hinsicht eine ungewöhnliche Gruppe. Während die Pigmente in drei der Farben (Cobalt Blue, Raw Umber, Phthalo Green) Elemente enthalten, die als Trockner fungieren können, wie Kobalt, Mangan und Kupfer, die die Vermutung nahelegen, dass sie über einen internen Mechanismus den Trockenvorgang selbst in Gang bringen könnten, gilt das nicht für Ultramarine Blue oder Lamp Black. Lamp Black ist sogar berüchtigt dafür, sehr langsam zu trocknen und chemisch inert zu sein, daher müsste man annehmen, dass Licht einen großen Einfluss hat, doch es war erstaunlich gleichbleibend, ungeachtet der Lichtmenge.
Die zweite Gruppe besteht nur aus zwei Farben, Flake White und Quinacridone Magenta. In den meisten Situationen blieben die Trockenzeiten dieser beiden Farben relativ konstant, stiegen jedoch deutlich an, wenn die Farben im Dunkeln oder selbst in sehr gedämpftem Licht platziert wurden, wie im Fall von Quinacridone Magenta. Die Unterschiede in einigen der Daten sind höchstwahrscheinlich auf Unterschiede in der Mustererstellung zurückzuführen sowie darauf, wo ein bestimmtes Muster platziert wurde. Die plötzliche Verkürzung der Trockenzeit des Quinacridone Magenta, das im Labor platziert wurde, bleibt jedoch eine unerklärte Anomalie.
Die letzten drei Farben schließlich (Titanium White, Titanium-Zinc White und Cadmium Red Medium) zeigten einen starken Zusammenhang zwischen der Lichtstärke und der Trockenzeit. Mit abnehmender Lichtstärke stiegen die Trockenzeiten schrittweise und logisch nachvollziehbar an, bis hin zu einem sehr steilen Höhepunkt in der Trockenzeit bei der Platzierung im Dunkeln:
Während sowohl Titanium White als auch Titanium-Zinc bei Aufbewahrung im Dunkeln drei Mal langsamer trockneten als im offenen Schatten an einer mäßig beleuchteten Wand, und zwar stieg die Trockendauer jeweils von 7 auf 22 auf 28 auf 90 Tage, zeigte Cadmium Red Medium einen außerordentlichen Anstieg der Trockenzeit von 16 auf 135 Tage beziehungsweise etwa 4 1/2 Monate.
Folgerungen und nächste Schritte
Wir führten diese Tests unter der allgemeinen Annahme durch, dass die Lichtstärke die Trockenzeiten auf regelmäßige, vorhersehbare Weise beeinflussen würden, aus der man leicht Schlüsse ziehen könnte. Die Ergebnisse verteilten sich jedoch über eine große Bandbreite, und angesichts des geringen Probenumfangs gibt es keinen eindeutigen einzelnen Faktor, der erklärt, warum einige Farben in die eine oder in die andere Gruppe fallen. Was zudem am überraschendsten war, sind nicht die drastischen Sprünge in der Trockenzeit, wenn die Farben im Dunkeln platziert wurden, sondern jene Fälle, in denen die Lichtstärke oder der Mangel an Licht überhaupt keinen Unterschied zu machen schienen. Pigmente scheinen die zentrale Rolle bei diesen Unterschieden zu spielen. Um herauszufinden, wie sie das tun, werden jedoch noch sehr viele weitere Tests erforderlich sein. Und natürlich bleiben uns auch noch andere Fragen: Wie verhalten sich Mischungen verschiedener Farben? Macht eine Schicht einer Farbe über einer anderen einen Unterschied? Sind alle diese Ergebnisse unter verschiedenen Lichtquellen – Leuchtstoffröhren, Halogenlampen, Glühlampen und LED-Leuchten – ähnlich? Ist das Vorhandensein oder die Abwesenheit von UV-Licht wichtig? Dies sind einige der Bereiche, die wir in Zukunft zu erforschen hoffen, zusätzlich zur Erweiterung der Anzahl der getesteten Farben und Pigmenttypen.
Handlungsempfehlungen
Es ist zwar schwierig, auf Grundlage eines beschränkten Tests Empfehlungen zu entwickeln, es scheint aber vernünftig, von ein paar Annahmen auszugehen, die Ihnen in der Praxis helfen können:
- Gemälde, die im Dunkeln oder bei gedämpftem Licht aufbewahrt werden, könnten deutlich langsamer trocknen. Das gilt auch dann, wenn Gemälde auf Trockengestellen platziert oder zur Wand gedreht werden.
- Umgekehrt sollten Gemälde, die viel Licht ausgesetzt werden schneller trocknen, es muss jedoch noch getestet werden, welche Arten von Licht am effektivsten sind.
Da Pigmente jedoch einen großen Einfluss auf die Ergebnisse zu haben scheinen, sind die oben genannten Punkte die besten allgemeinen Richtlinien. Einzelne Gemälde sind grundsätzlich komplex, mit vielen Pigmenten, die vermengt und mit verschiedenen Medien gemischt werden. Wie sich all dies genau auf die Trockenzeiten auswirkt, ist ein Bereich, der jetzt gerade erst zum ersten Mal erforscht wird.
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Das ist sehr interessant, auch wenn der Beitrag schon etwas älter ist. So habe ich tatsächlich selbst schon festgestellt das die Ölbilder schneller trocknen wenn ich sie in einen anderen Raum in die unmittelbare Nähe des Fensters hänge. Ich bemerkte dass das Bild was dort hing, mehr als eine Woche früher trocken war als die anderen.
Wunderbar! Danke, dass Sie Ihre Beobachtung mit uns teilen.